Veranstaltungen: Berichte und Bilder 2007

 

Nikolausfeier im HIVCENTER des Universitätsklinikums Frankfurt

 

Es war die erste Veranstaltung dieser Art, und – um es vorweg zu nehmen – die Rückmeldungen waren durchweg positiv. Das war nicht unbedingt zu erwarten, denn aus Angst vor eigener Ablehnung und Diskriminierung ihrer Kinder leben HIV-positive Mütter mit ihrem sehr belastenden "Familiengeheimnis HIV" und meiden jegliche sozialen Kontakte – selbst zu anderen Betroffenen.

 

Schon lange suchten die Mitarbeiter der "Spezialsprechstunde HIV und Schwangerschaft" am HIVCENTER rund um Frau Dr. Haberl nach einer Möglichkeit zum Austausch der Betroffenen untereinander. Und als unsere Präsidentin Beate Kern von der letzten Convention aus Melbourne zurückkam mit dem Vorschlag, in Frankfurt ein HIV-Projekt zu unterstützen, nahm unsere Zontian Dr. Heidi v. Leszczynski Kontakt mit Frau Dr. Haberl auf, und die Idee einer Nikolausfeier am HIVCENTER war geboren.

 

nikolausfeier Die Ambulanz war an diesem Nachmittag nicht wiederzuerkennen. Das HIVCENTER-Team hatte alles weihnachtlich geschmückt, unzählige kleine und große Schokoladen-Nikoläuse dekorierten die Wände, in den Gängen waren Tische und Stühle aufgestellt, in den Nischen Spielecken für die Kinder eingerichtet. Wir, also Heidi, Beate und ich, banden ZONTA-Schürzen um und verteilten Kuchen (Heidi hatte extra eine ZONTA-Torte gebacken), Brötchen und Getränke – für jeden Geschmack war reichlich gesorgt.

Zonta in aktion torte

 

Viele Mütter und Väter kamen mit ihren Kindern; insgesamt waren es rund 80 Gäste. Es war ein fröhliches Beisammensein! Belinda von Münchhausen, die 8-jährige Enkelin von Heidi, und Narae Kang, eine junge koreanische Studentin am Frankfurter Konservatorium, flštenduett musizierten mit Flöte und Klarinette gemeinsam Weihnachtslieder, bevor dann endlich auch der Nikolaus kam. Der hatte in seinem großen Sack für jedes Kind ein liebevoll ausgesuchtes Geschenk, und auch die Mütter bekamen ein kleines Präsent. Als sich dann gegen 18:00 Uhr die letzten Gäste auf den Heimweg machten, waren alle Organisatoren rundum zufrieden.

Frau Dr. Haberl bedankte sich ganz herzlich bei uns für die finanzielle und tatkräftige Unterstützung mit der Bitte, diesen auch an unsere Mitglieder weiterzugeben. Es war ein gutes Gefühl mitzuerleben, dass so viele Kinder und Erwachsene einen fröhlichen Nachmittag erlebt haben. Und wenn jetzt tatsächlich der erste Schritt dafür getan wurde, dass diese Familien nun ein wenig näher zusammenrücken, ist dies umso wohltuender. Wir haben mit diesem Projekt einmal mehr die ZONTA-Zielsetzung "Advancing the Status of Women Worldwide through Service und Advocacy" umgesetzt. Wir haben "Service" durch unsere finanzielle Unterstützung geboten und "Advocacy" durch die Ermutigung des HIVCENTER-Teams zu dieser Feier einerseits, aber indirekt auch den betroffenen Frauen durch Ermutigung und Bestätigung.

Dr. Eva Haberl Ich hatte vor der Feier noch kurz die Gelegenheit, mich mit Frau Dr. Haberl* zu unterhalten, um mehr über die Arbeit am HIVCENTER zu erfahren:

 

* Frau Dr. Haberl arbeitet seit 1996 am HIVCENTER, ist seit 1999 verantwortlich für die Spezialsprechstunde HIV & Schwangerschaft, ist wissenschaftliche Leiterin der deutschen Fachtagung HIV & Schwangerschaft, ist Mitglied im Vorstand der Deutschen Aids Gesellschaft, ist Sprecherin des Scientific Boards Gender and Pediatric Studies des Kompetenznetzes HIV/AIDS, ist Sprecherin des Vorstands der deutschlandweiten Arbeitsgruppe Ärztinnen und Aids und Vizepräsidentin des nächsten AIDS-Kongresses von Schweiz, Österreich und Deutschland (SÖDAK) im Jahr 2009 in St. Gallen. Ihr Forschungsschwerpunkt sind HIV-positive Frauen.


? Wie hoch ist der Frauenanteil der HIV-Infizierten weltweit, und wie sieht es in Deutschland aus?

! Während weltweit etwa die Hälfte der rund 33 Millionen HIV-Infizierten weiblich sind, liegt der Frauenanteil bei uns in Deutschland bei "nur" 17%. Das Robert-Koch-Institut in Berlin schätzt, dass heute 10.000 der 59.000 HIV-positiven Menschen in Deutschland Frauen sind. Die meisten dieser Frauen befinden sich im sogenannten gebärfähigen Alter, sind also zwischen 16 und 40 Jahre alt.

 

? Ist die Anzahl der ausgetragenen Schwangerschaften HIV-positiver Mütter hierzulande bekannt?

! Die Zahl der ausgetragenen Schwangerschaften HIV-positiver Mütter in Deutschland beträgt pro Jahr aktuell zwischen 200 und 250. Die Hälfte der Frauen erfährt erst im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge von ihrer HIV-Infektion. Mit einem entsprechenden Management, das im Wesentlichen eine kurzfristige medikamentöse Behandlung von Mutter und Kind sowie eine Schnittentbindung umfasst, lässt sich die Mutter-Kind-übertragung von HIV von rund 25% auf unter 2% senken. Damit diese niedrige übertragungsrate erreicht werden kann, ist allerdings eine reibungslos funktionierende interdisziplinäre Zusammenarbeit von Gynäkologen, HIV-Behandlern und Kinderärzten unabdingbar.

 

? Wie wird dies hier am HIVCENTER realisiert?

! Das HIVCENTER Frankfurt hat als erstes Zentrum in Deutschland bereits 1999 eine Spezialsprechstunde für HIV-positive Schwangere und HIV-positive Menschen mit Kinderwunsch ins Leben gerufen. Diese Spezialsprechstunde arbeitet klinisch und wissenschaftlich eng zusammen mit der Frauenklinik und der Immundefektambulanz der Kinderklinik. Seit 2000 veranstaltet das HIVCENTER Frankfurt außerdem einmal im Jahr die einzige deutsche Tagung zum Thema HIV und Schwangerschaft in Schlangenbad.

 

? Welche Lebenserwartung haben heute HIV-positive Mütter in Deutschland?

! HIV-positive Mütter in Deutschland dürfen heute Dank erfolgreicher Therapiekonzepte auf eine normale Lebenserwartung hoffen. Trotzdem ist ihnen ein normaler Alltag nicht möglich – aus Angst vor Zurückweisung und Diskriminierung ihrer Kinder leben sie sehr zurückgezogen. HIV-positive Mütter sind bei uns kein Diskussionsthema und stoßen auf Unverständnis in der Gesellschaft, da eben entsprechende Aufklärung fehlt. Leider haben die Medien dieses "kleine Thema" im Themenspektrum von HIV hierzulande bislang noch nicht erkannt.

 

? Das ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass HIV-positive Mütter nach wie vor fast ausnahmslos mit den Endemiegebieten in Afrika in Verbindung gebracht werden, so dass hier die farbigen Betroffenen ein doppelt schweres Los haben – einmal aufgrund ihrer Hautfarbe, aber eben auch wegen der Diagnose "HIV-positiv".

! Genauso ist es. Der Gedanke, dass die junge Mutter in der Nachbarwohnung HIV-positiv sein könnte, liegt fern. Wir wollen durch unsere Arbeit im HIVCENTER dazu beitragen, dass HIV-positiven Müttern zukünftig auf mehr Akzeptanz entgegen gebracht wird. Sollte diese Nikolausfeier ein Erfolg werden, planen wir für das nächste Jahr ein Sommerfest für HIV-betroffene Familien.

 

? Ich danke Ihnen herzlich für das offene Gespräch und wünsche Ihnen und Ihrem Team viel Kraft für die Umsetzung der so wichtigen Ziele!

 

 

 

Ruth M. Nitz

Zonta-Club Frankfurt II Rhein-Main